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Klausurbeispiele

Klausur von Michael (Leistungskurs DE-3) 

Geschrieben von: Michael Kasper

Thema: Klein Zaches genannt Zinnober
Augabenart: Untersuchendes Erschließen eines literarischen Textes
Aufgabe:  Interpretieren Sie die Passage aus E. T. A. Hoffmanns Märchenerzählung „Klein Zaches genannt Zinnober“. 
  Konzentrieren Sie sich dabei auf die Beziehung zwischen Natur/Landschaft und innerer Verfassung Balthasars.

Im Jahre 1819 veröffentlichte E.T.A. Hoffmann nach einer längeren Krankheitsperiode, in der ihm so manche seiner eigenen literarischen Gestalten im Fieberwahn erschienen waren, das  Kunstmärchen  „Klein  Zaches  genannt  Zinnober“.  Dieses  Wirklichkeitsmärchen  gehört zur Epoche der Spätromantik (ca. 1815-1830) und erzählt die Geschichte des kleinen hässlichen Zaches, der durch einen Zauber den Ruhm für beachtenswerte Leistungen, die andere Menschen in seiner Gegenwart vollbringen, erhält.
Klein Zaches ist der Sohn von armen Bauersleuten, kaum so groß wie ein Holzscheit, unförmig, hässlich und kann kaum ein vernünftiges Wort hervorbringen. Eines Tages hat die Fee Rosabelverde, die zu den letzten Feen im scheinbar aufgeklärten Fürstentum gehört, Mitleid mit der armen Missgeburt und verzaubert ihn, damit Klein Zaches trotz seines Aussehens seinen Eltern nicht zur Last fällt und erfolgreich sein kann. Fortan sollen alle positiven Eigenschaften  der  Menschen  um  Klein  Zaches  auf  ihn  projiziert werden.  So  kommt  es,  dass  er durch  die Erziehung eines  Pfarrers,  der ihn  freudig  aufgenommen  hatte,  seinen  Namen  in Zinnober ändert und als Studiosus der Rechtswissenschaften in die Stadt Kerepes kommt, in der auch der junge Student Balthasar lebt. Dieser ist heimlich in die Tochter seines Naturwissenschaftsprofessors Candida verliebt. Als Balthasar von Mosch Terpin, seinem Naturwissenschaftsprofessor, zum Tee eingeladen wird, beschließt er, der versammelten Gesellschaft ein selbstgeschriebenes  Liebesgedicht  vorzutragen,  um  seine  Liebe  zu  gestehen.  Allerdings  ist auch Zinnober Teil der Gesellschaft, was zur Folge hat, dass alle glauben, Zinnober sei der Autor und der Vortragende gewesen. Als Zinnober daraufhin einen Kuss von Candida erhält und  sie  sich  in  ihn  verliebt,  flieht  Balthasar  voll  Gram  in  den  Wald: Balthasar  ist in  der  Erzählung mit  märchenhaften  Zügen ein  Vorzeigebeispiel  für  den  romantischen Menschen. Er ist sehr emotional, naturverbunden und hat einen Sinn für das Fantastische in der Welt. Die typisch romantische Naturverbundenheit wird in diesem Textausschnitt besonders  deutlich,  denn  Balthasar  sucht  Zuflucht  im  „einsamsten  Wald“  (Z.  1).  Er schaut „gedankenvoll“ (Z. 1) in einen schäumenden fortbrausenden Bach (vgl. Z. 2), der sich unaufhaltsam, wie die Ereignisse durch Zinnober, um alle Hindernisse windet und fort rollt. Balthasars von Schatten getrübtes Gemüt spiegelt sich in den dunklen Wolken am Himmel wider (vgl. Z. 3). In der Trübsal des Studenten erklingen rauschende Bäume und Gewässer wie dumpfes Winseln (vgl. Z. 3f.). Der Vergleich erweckt den Eindruck, als würde die Natur Balthasars Leid nachempfinden können. Zugleich bewirkt die Onomatopoesie der kreischenden Raubvögel und des finsteren Dickichts (vgl. Z. 4f.), dass sich in die Trauer auch etwas Bedrohliches,  das  sich  wie  die  Raubvögel  in  unerreichbare Höhen  hebt  und  dessen  Folgen nicht abzusehen sind, mischt, weil es im „weiten Himmelsraum“ (Z. 5) entschwindet. Dieses Bedrohliche kann nur Zinnober sein, der nicht nur Balthasars Glück mit Candida gefährdet, sondern auch anderen Menschen, vor allem in beruflicher Hinsicht, schadet. Die „wunderbaren Stimmen des Waldes“ (Z. 6), die die „trostlose[n] Klage[n]“ (Z. 6) an Balthasars Ohren tragen, verdeutlichen durch die Häufung von Adjektiven das Gefühl des Verzweifelten, dass die Natur seinen Schmerz verstehe und auch durchleben würde, was darin gipfelt, dass der Studiosus seinen Schmerz mit dem der Natur vereinen will (vgl. Z. 7). Die „Geister des Waldstromes“ (Z. 9) wollen Balthasar in die Resignation führen und ihn nicht nur in die Kette der Ereignisse  durch Zinnober  als  unfähig  zu  Handelnden  in  den Strom  der  Bäche  ziehen.  Die Naturverbundenheit Balthasars mündet in dem nicht nur bei Hoffmann zu findenden Gedanken,  sich  im  Tod  mit  der  Natur  zu  verbinden,  indem  der  Protagonist in  die  Tiefe,  in  die „schneeweiße[n] Arme“ (Z. 9f.) und damit in die Reinheit des Baches springt, um sein Leid und seinen Leib mit der Natur zu vereinen.
Doch  bevor  er  dies  tun  kann,  folgt  ein  radikaler  Gemütsumschwung  in  der  Natur  und  in Balthasar. Es ist nicht komplett ersichtlich, ob der entscheidende Impuls tatsächlich von der Natur oder von Balthasar selbst ausgeht, so dass er auf einmal ein „heller fröhlicher Hörnerklang“ (Z. 11) sich „tröstend auf seine Brust“ (Z. 11f.) legt und während Balthasars Gemüt mit Hoffnung und Sehnsucht befüllt werden, erscheint nun die Natur. Das „Rauschen“ (Z. 14) verliert seine Traurigkeit. Die Natur schöpft ebenfalls neue Hoffnung, weil sich ihre Schatten nun grün zeigen (vgl. Z. 14). Mit dem Satz: „Er kam zu Worten“ (Z. 14), welcher zeigt, dass Balthasar die Mutlosigkeit abgelegt hat, wechselt auch die die Erzählperspektive.
Balthasars Monolog löst den auktorialen Erzähler aus den ersten vierzehn Zeilen ab. Gekennzeichnet ist dieser Monolog durch Gedankenpausen (vgl. Z. 19f., 24ff., 26ff.). Balthasar, zuvor  kraftlos,  wortlos  und   niedergeschlagen,  spricht  voller  Überzeugung, Tatkraft  und  mit neuem Mut davon, dass es um Zinnober ein düsteres magisches Geheimnis geben müsse und dass er, überzeugt, dass auch Candida ihn liebt, um ihre Liebe kämpfen und Zinnobers Treiben ein Ende bereiten wird. Er hat eine innere Ahnung, dass ihm jemand im Kampf gegen Zinnober helfen wird (vgl. Z. 30f.). Diese Ahnung könnte ein Hinweis darauf sein, dass Prosper Alpanus, ein weiser Zauberer, der Balthasar im weiteren Verlauf Mut zuspricht und ihm hilft, Zinnobers Bann zu brechen, den neuen Lebensmut in Form des fröhlichen Hörnerklangs (vgl. Z. 11) in Balthasars Brust gesät hat.
Bald darauf trifft Balthasar andere Personen, die durch Zinnober betrogen worden sind, und während  dieser zum  Liebling  des  Fürsten  aufsteigt  und  sich  mit  Candida  verlobt,  versucht Balthasar  unter  anderem  mit  der  Hilfe  des  Referendarius  Pulcher und  Prosper  Alpanus  den Bann zu brechen. Letzterer gibt nach einer Konfrontation mit der Fee Rosabelverde Balthasar den Hinweis, er müsse Zinnober drei feuerrote Haare ausreißen. Diese entfernt er bei der anstehenden Eheschließung von Zinnober und Candida, bricht den Bann und verhindert so die Hochzeit. Candida gesteht Balthasar ihre Liebe und Zinnober stirbt, als er auf der Flucht vor der wütenden Menge im Nachttopf seines Hauses ertrinkt. Alle leben glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende. Ein märchentypischer Schluss!
Die Natur dient in dem Textausschnitt als Spiegelbild für Balthasars Seelenleben: Der Wald steht für die Einsamkeit, die er fühlt, weil er seine Liebste an Zinnober verloren glaubt. Der Bach symbolisiert die Wut und Verzweiflung tief in seinem Innern und beschreibt die Hilflosigkeit, weil er anscheinend Zinnober, wie den Bach, nicht aufhalten kann. Die dunklen Wolken stehen buchstäblich für die Schatten auf Balthasars Gemüt. Das Winseln von Bäumen und Gewässern  stellen  das  Am- Bodenliegen,  den  Schlag  der Entmutigung,  der  das  Aufstehen unmöglich macht, dar. Die Raubvögel und das Dickicht zeigen die Ängste vor dem, was Zinnober angerichtet hat und anrichten wird. So wird die Natur zum Abbild von Balthasars Seelenleben, mit der dieser sich im Suizid vereinen will, um vielleicht sogar sein eigenes Selbst nicht  mehr  zu  sehen.  Der  Hörnerklang,  ob  durch  Prosper  Alpanus,  die  Natur  oder  durch Balthasar selbst hervorgerufen, bricht dieses Spiegelbildverhältnis: Balthasars Gemüt verkehrt sich  ins  Gegenteil. Er  erlangt durch  die  Musik,  die  romantischste  aller  Künste, neuen  Lebensmut, feste Entschlossenheit und die Hoffnung, dass alles wieder gut wird, während die Natur zwar nicht mehr ganz so trübsinnig wirkt, der auktoriale Erzähler sich allerdings von positiven Beschreibungen distanziert.
   

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